578. Der Stollen bei Blankenburg.676

[522] Vormals waren bei Blankenburg zwei gräfliche Mühlen, die eine im Blässengehege, die Untermühle, und die andere da, wo der kleine Schöt an den großen stößt, die Obermühle genannt. Zwei Brüder hatten diese Mühlen in Pacht. Der jüngere, weil seine Mühle der Stadt näher lag, hatte oft Mahlgäste, wenn sein Bruder in der Obermühle keine hatte. Da wurde der Brodneid rege und das Wasser im Teiche an der Obermühle wurde der Untermühle vorenthalten. Darum ging einst der Untermüller mit einer Hacke hinauf, den Wasserlauf stärker zu machen, und da sich sein Bruder dem widersetzte, so kam es von Worten zu Thätlichkeiten. Der jüngere Bruder schlug mit der Hacke den ältern an den Kopf, daß er todt zur Erde fiel. Der Mörder wurde ins Gefängniß geführt, wo er einen Bergmann antraf, welcher gleichfalls das Leben verwirkt hatte. Beide sannen auf Rettungsmittel. Endlich machten sie den Vorschlag, daß sie die Stadt Blankenburg vom Wassermangel, welchen dieselbe bei einem schlecht angelegten Stollen im Thiergarten noch immer empfand, befreien wollten, wenn ihnen das Leben geschenkt würde. Sie trieben hierauf einen Stollen im Thiergarten am rechten Orte, die Stadt bekam Wasser und die Uebelthäter Gnade.

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S. Thüringen und der Harz Bd. II. S. 70.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 522.
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